Flaschentrockner

Ein Alltagsgegenstand ver¿ert die Sicht der Dinge. Der Einkauf wird zur kulturhistorischen Tat. Zufall und Absicht verbinden sich gl¿cklich - und so entsteht aus dem franz¿sischen Haushaltsger¿Flaschentrockner ein Kunstwerk, das exemplarisch f¿r die ¿hetische Revolution des 20. Jahrhunderts ist. Der K¿nstler Marcel Duchamp vermied die handwerkliche Anstrengung seines Gewerbes und erstand 1914 in einem Pariser Kaufhaus einen Flaschentrockner als fertig hergestellte ("ready- made") Skulptur. Der Kellerartikel wanderte direkt ins Atelier, doch seine Karriere als Kunstgegenstand begann erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Mit der Verbreitung von westlicher Lebensweise und demokratischer Gesellschaft diskutiert international eine st¿ig wachsende Zahl Kunstinteressierter, Kritiker, Wissenschaftler und K¿nstler den Status von Duchamps Tat und Sch¿pfung. Der Kunstbetrieb macht das Spannungsfeld dieser Dispute einem breiten Publikum anschaulich, wenn er den "Flaschen- trockner" als Multiple des 20. Jahrhunderts, als Objekt im Geist des Weines und als epochales Kunstwerk der Moderne pr¿ntiert. Dar¿ber hinaus dokumentieren Schauen zur aktuellen Kunst stets aufs neue den Einflu¿von Duchamps Schaffensweise. Kunst wird das Haushaltsger¿erst dadurch, da¿der Betrachter in ihm mehr als einen Flaschentrockner erkennt. Die Edition des Bandes folgt dem Ablauf von k¿nstlerischer Aktion und Betrachterurteil. Eine Einf¿hrung erhellt zun¿st anhand der K¿nstlerbiographie die Tat. Die Doxographie versammelt dann nahezu vierhundert ausgew¿te Statements internationaler Autoren zu Duchamps provokativer Vorgabe. Die Stellungnahmen vollenden das Werk und demonstrieren in ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt, welcher Mehrwert an Sinn zu gewinnen ist, wenn der Alltag sich in Kunst verwandelt. Die Doxographie belegt, da¿zentrale Debatten zur zeitgen¿ssischen Kunst mit dem "Flaschentrockner" als intellektueller und sch¿pferischer Ma¿abe bestritten werden. In den ¿thetiken der Modernen thematisiert das Objekt unter anderem die Sch¿nheit des Dings, die Institution der Kunst und das Problem der Realit¿ Aufgrund seiner k¿nstlerischen Originalit¿und seiner semantischen Unsch¿e dient es seit Jahrzehnten auch den jeweils aktuellen Avantgarden zur Orientierung. In jedem Fall aber, so macht der Band deutlich, ist Duchamps "Flaschentrockner" ein bleibendes R¿el der Kunstdeutung. Die zahlreichen Versuche, dem So-Sein des galvanisierten Gegenstandes einen Sinn entgegenzusetzen, bem¿hen mittlerweile die abendl¿ische Kulturgeschichte von Archilochos bis Zombie. Die Publikation ist die erste deutschsprachige Monographie zum Thema und in ihrer Editionsweise eine Novit¿ F¿r die Ausgabe konnten die Textrechte mehrerer hundert internationaler Autoren gewonnen werden. Eine Reihe von Schwarzwei¿bbildungen zeigen historische Dokumente sowie einige Flaschentrockner, die als Replik des verlorenen Originals im Lauf der Zeit nachgekauft wurden. Die Doxographie ist mit bibliographischen Nachweisen und einem Personenregister erschlossen. Die ¿ersetzungen besorgten Caroline Gutberlet, Hans Kau¿er und Evi Kulka. Die Originalausgabe erscheint als Broschur; 224 Seiten; Format 13,3 x 20,4 cm; 22 Schwarzwei¿bbildungen.