Ein Mädchen in Ketten - Jeanne d'Arc's letzte Lebenstage

Die Gedanken der Jungfrau von Orleans, nachdem man sie gefangen genommen, an die Feinde ausgeliefert und in den Kerker geworfen hat. Gefühlvolle Erinnerungen und quälende Ängste einer kaum Zwanzigjährigen, die ihren unmittelbar bevorstehenden Tod auf dem Scheiterhaufen bereits vor Augen hat. Das Bauernmädchen Johanna gedenkt in Liebe und Zuneigung der Eltern und ihres lothringischen Heimatdorfs; erinnert sich an die Eingebungen, die es zur Heeresführerin und Freiheitskämpferin, zur Heldin und Heiligen gemacht haben; noch einmal erstehen vor ihrem geistigen Auge Alltagserlebnisse auf ihrem so kühnen wie ruhmreichen, so schlichten wie strahlenden Lebensweg; ein letztes Mal kommen ihr Begegnungen mit einfachen Weggefährten und mächtigen Herren in den Sinn. Dazwischen blitzlichtartig und episodenhaft ihre Empfindungen bei den Verhören, ihre Eindrücke von den Männern, die sie für eine Hexe und Ketzerin halten. Kaleidoskopartig reiht Oskar Denger diese Gefühle und Gedanken aneinander - Schlaglichter in der Ideenwelt einer außergewöhnlichen jungen Frau, die weiß, dass sie bald sterben muss. Und doch fasst der bedeutende pfälzische Lyriker auch diese aufgewühlten Emotionen zwischen Erinnerung und Abschied, zwischen Glorie und Verdammnis, zwischen Todesangst und Hoffnung in glasklar-brillante Verse, deren Melos gänzlich der klassischen Form verpflichtet ist. Ein großes, ein beeindruckendes, ein reifes Spätwerk des brillanten Meisters von Versmaß und Rhythmus, der sich erneut als ein von Poesie durchdrungener Virtuose der gebundenen und dennoch auf artifiziell sensitive Weise eingängigen Sprache erweist.