Marie-Anne Lenormand

Ist es doch wirklich gelungen, ihre Fährte aufzunehmen, die Fährte dieser Marie-Anne Lenormand, die wegen ihrer außergewöhnlichen seherischen Gaben im 18. und 19. Jh. in Frankreich so hoch gelobt wurde. Aufgrund des wenigen, das über sie bekannt war, hatte man schon fast angenommen, sie sei nur eine Legende gewesen, der man all den Ruhm und Reichtum, den sie mit ihrer Gabe erworben haben soll, nur angedichtet hatte. Doch die Archive in Frankreich, England und Belgien, die Polizeiakten und Bibliotheken, sie alle belehren uns eines Besseren. Mit Erstaunen enthüllt sich da ein Bild, das man von ihr so gar nicht kannte. Hineingeboren in die Zeit der Aufklärung, begleitete ihr Leben 72 Jahre lang, von 1772 bis 1843, vier der wohl prägendsten Epochen der französischen Geschichte. Während der Revolution war sie unter der Schreckensherrschaft von Robespierre mit zwanzig Jahren im Gefängnis La Petite Force inhaftiert und vier Monate lang täglich von der Guillotine bedroht. Befreundet mit Kaiserin Joséphine, als bourbonentreue Royalistin, leidenschaftliche Widersacherin von Napoléon Bonaparte und unter Beobachtung zur Zeit der Restauration. Ihre Biographie erzählt von ihrer leidvollen Kindheit, ihren Anfängen als Seherin, ihrer Klientel aus Adel, Politik, Theater und dem reichen Bürgertum, wie sie ins Kreuzfeuer der politischen Umstände geriet, ihren Aufenthalten im Gefängnis, ihrer Zeit in England und Belgien, von ihren Ambitionen als Schriftstellerin und ihrem ewig währenden Traum vom großen Ruhm. Ein Leben mit einer stetigen Abfolge von Triumphen und Niederlagen, von Fallen und wieder aufstehen, denen sie sich mutig entgegenzustellen vermochte. Eine Frau, die ihrer Zeit weit voraus war und zweifelsohne ein Vorbild an Standfestigkeit und Stärke. Alles in allem eine bizarre, doch charismatische Persönlichkeit, die zu beeindrucken verstand.